Anstatt viel zu schreiben habe ich für dieses Tutorial die wichtigsten Arbeitsschritte einfach aufgenommen. Vielleicht noch ein paar Worte zur Bildgröße und zum verwendeten Material. 1. Bildgröße Ich würde Dir sehr empfehlen, diese Zeichnung wirklich im Format 50 x 60 oder 50 x 70 zu machen. Je größer Du zeichnest, desto mehr musst Du Dich auch mit den Details auseinandersetzen. Bei kleineren Formaten kannst Du Dich sehr schnell selbst beschummeln und es fällt nicht so auf, wenn das eine oder andere nicht klappt. 2. Material: Um dieses Tutorial wirklich gut nachzuarbeiten, solltest Du auch die gleichen Materialien verwenden wie ich. Das richtige Papier ist superwichtig. Wenn Du anderes Papier verwendest, dann wird Deine Zeichnung sehr wahrscheinlich ganz anders aussehen als meine. Gönne Dir gute Materialien, Deine Zeichnungen sind es wert. Viel Spaß beim Nacharbeiten!
Wie jede andere Zeichnung beginnt auch diese mit einer präzisen Vorzeichnung des Porträts. Danach wird als erstes der Hintergrund angelegt mit PAN Pastel. Alles weitere erkläre ich im Filmchen. Möchte mich gleich auch vorab entschuldigen - im letzten Teil des Filmchens wird ein Link zu einem anderen Film gezeigt - eine Ausstellungseröffnung meiner Schüler aus dem Jahr 2014. Also steinalt. Keine Ahnung, warum Youtube das macht. Wahrscheinlich kann man das irgendwo ausstellen, kann allerdings nichts finden. Vielleicht ist der eine oder andere unter Euch ein versierter YouTuber, dann wäre ich für jeden Tipp dankbar.
Noch ein kleiner Nachtrag: Aus der Praxis weiß ich, dass es immer Menschen gibt, die versuchen, künstlerische Prozesse abzukürzen. Manchmal aus Bequemlichkeit, manchmal wegen mangelnder Geduld. Also warum 2 und mehr Schichten der Unterzeichnung? Man könnte die hellen Schatten ja mit 2 H anlegen, und die dunkleren gleich mit HB oder weicher? Die Antwort ist einfach: Jede neue Grafitschicht auf der Zeichnung macht die Struktur weicher und samtiger - das ist der Effekt, den wir brauchen. Sehr deutlich siehst Du das auf den Fotos unten. Mit nur einer Schicht Grafit lässt sich das nicht realisieren. Mit anderen Worten: Wenn Du wirklich realistisch zeichnen möchtest, dann brauchst Du dafür Geduld. Nimm Dir die Zeit - es geht hier nicht um Quantität, sondern um Qualität.
So, den Rest habe ich nun nicht mehr aufgenommen - gleichzeitig reden, erklären und konzentriert zeichnen gelingt mir leider (noch) nicht. Dafür gibt es jetzt eine ganze Reihe Fotos. 🙂
So sieht meine fertige Unterzeichnung aus. Nun habe ich eine bessere Vorstellung der gesamten Zeichnung und sehe auch, dass einige Stellen zu dunkel geworden sind. Und auch die Hautstruktur ist noch nicht schön, aber darüber hatte ich oben im Film schon gesprochen, das werden wir jetzt ändern.
Nun ist es leider so, dass man auf solchen Zeichnungen nicht wirklich radieren kann - jedenfalls keine Flächen. Das Resultat wäre eine ziemliche Schmiererei.Um dunkle Schatten dennoch aufzuhellen, tupfe ich vorsichtig mit einem Knetgummi auf das Papier. Das funktioniert ganz gut. Der Gummi hebt lose Partikel vom Papier. Vielleicht solltest Du das erst mal auf einem separaten Blatt Papier ein wenig ausprobieren. Neben dem Aufhellen versuche ich auch, mit einer weiteren Schicht Grafit die entstandene Struktur auf der Haut zu schließen mit einem Bleistift HB. Für die Schatten, die jetzt in dieser Phase noch verstärkt werden müssen, nehme ich nun einen Bleistift 6B.
Nochmals etwas aufhellen und eine weitere Schicht Grafit - HB für's Gesicht, 6 B und nun auch 8B für den Hals. Langsam bekommt das Gesicht die richtige Form, und die Haut die richtige Struktur.
Nun bin ich eigentlich zufrieden mit meiner Hautstruktur, habe noch eine Lage daraufgesetzt, den Mund noch ein wenig korrigiert, das Auge etwas abgedunkelt und hier und da die Schatten noch etwas überarbeitet. Nun ist es an der Zeit, die Zeichnung zu firnissen - aber wie schon gesagt, nicht mit Firnis, sondern mit mattem Klarlack.
Jetzt wird es spannend. Ich hatte im Film schon davon gesprochen, dass Haare nicht aussehen sollen als wären sie betoniert. Über dem Ohr und oben am Pony habe ich deshalb ein paar Haarsträhnen gezeichnet. Wenn Du das Bild gut gefirnist hast, dann kannst Du das mit einem weißen Buntstift tun. Bleibt eine heikle Sache, denn wenn Du nicht genügend Firnis auf Deinem Bild hast, dann verfärbt sich Deine Buntstiftlinie in ein helles Blau. Ich nehme aus diesem Grund einen weißen Fineliner auf Acrylbasis. Funktioniert prima, und mein Weiß bleibt weiß.
Jetzt sind die übrigen Haare an der Reihe. Mit dem weichsten Bleistift, den ich habe (9B), habe ich nun die Schatten verstärkt und die Haarstruktur dichter gezeichnet. Danach wird die Zeichnung wieder gefirnist.
Schau Dir den Pferdeschwanz an. Dort habe ich jetzt mit einem grauen Buntstift einzelne Haare eingezeichnet. Grau deshalb, weil auf diese Stelle des Kopfes nicht so viel Licht fällt wie z. B. auf das Gesicht.
Als letzten Schritt habe ich den Pferdeschwanz nochmals überzeichnet - für das Ende des Pferdeschwanzes kannst Du nun wieder Deinen weißen Stift nehmen. Graue Linien würde man auf dem Grau des Halses nicht wirklich erkennen. Und ich habe ein paar Lichtreflexe am Hinterkopf angebracht, auch mit einem grauen Buntstift.
Wenn Du nun Deinen Hintergrund mit Deinem Porträt vergleichst, dann siehst Du, dass der Hintergrund ein stumpfes Aussehen hat. Das Porträt aber glänzt etwas vom Grafit. Stört es Dich? Dann übermale Deinen Hintergrund mit Grafitpuder. Das gibt es in kleinen Fläschchen zu kaufen, und man trägt es genauso auf wie PAN Pastel, also mit einem Pinsel oder einem Schwämmchen. Damit sind wir am Ende angelangt. Ich gebe zu, es ist ein ziemliches Sammelsurium von verschiedenen Techniken. Mischtechnik eben - die Kombination verschiedener Materialien und Stile. Dieses Tutorial soll Dir helfen, ein wenig "Outside the box" zu denken. Nicht alles lässt sich mit jedem Zeichenwerkzeug realisieren. Dann kann man darüber nachdenken, ob man nicht Techniken miteinander kombiniert.
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